Anders sehen lernen

10.05.2011

Anders sehen lernen

Workshop mit dem Verband „intakt“ am Sozialwissenschaftlichen Gymnasium

Barrieren überwinden müssen nicht nur Menschen mit Behinderungen bei der Bewältigung ihres Alltags. Auch im Miteinander von Menschen mit und ohne Handicap gibt es viele Barrieren in den Köpfen. Diese abzubauen hat sich der Verband „intakt“ zum Ziel gesetzt. Der Verband, der zur Evangelischen Landeskirche in Baden gehört, organisiert unter anderem integrative Freizeiten von behinderten und nichtbehinderten Kindern, bildet Jugendleiter aus und bietet Workshops an Konfirmandentagen und Schulen an.

Für einen solchen Workshop kam jetzt der Landesjugendreferent Handjörg Kopp vom Amt für Evangelische Kinder- und Jugendarbeit in Karlsruhe an die Zinzendorfschulen.

Er hatte Augenbinden und zehn Rollstühle im Gepäck, mit denen er den Zwölftklässlern des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums vermittelte, was es bedeutet, nicht sehen oder nicht gehen zu können. „Es geht bei diesen Workshops darum, durch den Wechsel der Perspektive ein Gefühl für die Situation der Behinderten zu bekommen und auch an seine eigenen Vorurteile heranzugehen“, erklärte Kopp.

Zunächst wurden den Schülerinnen die Augen verbunden. Nur an einem Seil hielten sie sich fest und mussten lernen, demjenigen zu vertrauen, der das Seil hielt. „Das war zu Anfang eine große Umgewöhnung“, sagte Franziska Grießhaber, „fast schon ein Nervenkitzel.“ Mit der Zeit wurden jedoch die Schritte immer sicherer, das Vertrauen immer größer.

Auch für Gehbehinderte ist Vertrauen ein wichtiger Aspekt, wie die Schülerinnen am eigenen Leib erfuhren. Sie setzten sich in Rollstühle, die von ihren Mitschülerinnen dann gezielt nach hinten gekippt wurden. „Das Verhältnis von einem Menschen mit Assistenzbedarf zu seinem Assistenten ist viel stärker von Vertrauen geprägt als sonst zwischen zwei Menschen üblich“, erklärte Kopp, der zuvor mit dem Zivildienstleistenden des Verbandes gezeigt hatte, wie Bremsen und das Lenken funktioniert. 

Anschließend ging es hinaus auf den Schulhof, wo die Schülerinnen in Zweier-Teams an Teppen und einem Parcours den Umgang mit den Rollstühlen sowohl sitzend als auch schiebend erprobten. Schließlich fuhren sie durch Königsfeld und erkundeten aus eigener Erfahrung, wie behindertengerecht Schule und Ort sind. „Es ist ziemlich ungewohnt, so in der Bewegung eingeschränkt zu sein“, meinte Andrea Eble und staunte: „Man achtet dabei viel mehr auf den Weg.“

Der Kontakt kam durch die Schülerin Svenja Falk zustande, die selbst seit vielen Jahren bei intakt aktiv ist – als Kind besuchte sie als Teilnehmerin die Freizeiten, seit zwei Jahren ist sie als Betreuerin aktiv. „Ich bin jetzt viel offener im Umgang mit Behinderungen und versuche, das auch anderen vermitteln.“

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