Internat holt internationales Flair in den Schwarzwald

14.02.2022

Internat holt internationales Flair in den Schwarzwald

Für den Jungen aus Mexiko Stadt ist die 6000-Seelen-Gemeinde Königsfeld „unfassbar klein“, die beiden Mädchen aus Guatemala finden es toll, dass sie hier einfach so spazieren gehen können. Das ist in ihrer Heimat wegen der hohen Kriminalitätsrate nicht möglich. Ob aus Nord- oder Mittelamerika, der Schweiz, China oder Russland, ob sie aufs Gymnasium gehen oder eine Ausbildung machen – die Zinzendorfschulen sind für junge Menschen aus aller Welt eine attraktive Adresse.



Und das war schon immer so, denn unter den ersten Bewohner*innen vor rund 200 Jahren waren viele Kinder von Missionaren der Herrnhuter Brüdergemeine, die im Internat im Schwarzwald eine solide Bildung bekommen sollten. Heute sind die „Internatler“ wie die Erzieher*innen ihre Schützlinge liebevoll nennen, eine dynamische, internationale Gruppe, die immer wieder auch von Gastschüler*innen bereichert wird. Maximal ein Drittel der Internatsbewohner*innen sollen internationale Schüler*innen sein, in jeder Klasse höchstens zwei. Sie kommen aus China und Russland, der Schweiz, dem Iran, Mittelamerika oder Liechtenstein. Die Jungen und Mädchen, die in zwei unterschiedlichen Häusern leben, feiern gleichsam Weihnachten wie das chinesische Neujahrsfest und knüpfen Freundschaften fürs Leben.



Einer von ihnen ist der Mexikaner Nicolas Lizama Magdaleno. Zu Hause besucht er die Deutsche Schule in Mexiko Stadt, weshalb er sich als Station für sein Auslandsjahr Deutschland ausgesucht hat. Er war bereits mehrfach in Deutschland und hat schon während seiner Schulferien einen Freund in Bayern und dort mit diesem für ein paar Wochen die Schule besucht. Aber für ein ganzes Jahr wollte er sich nicht dort einquartieren und ist stattdessen lieber auf ein Internat gegangen. Weil er auch leidenschaftliche Golf spielt, fiel seine Wahl schnell auf das Zinzendorfinternat, auf dem auch leistungsorientierte Golfer optimale Voraussetzungen finden, um Schule und Sport erfolgreich miteinander zu verbinden. Natürlich kennt er so etwas wie eine Winterpause, bei der es über mehrere Monate lediglich Training in der Halle gibt, aus Mexiko nicht. Dafür hat der Winter andere Vorteile. Bei Wochenendausflügen des Internats lernt er Skifahren und Schlittschuhlaufen, dabei wächst die Gruppe gut zusammen, so dass er im Internat schnell viele Freunde gefunden hat. „Die kommen mich hoffentlich auch besuchen.“ Nicolas mag die Atmosphäre im Internat, den Kraftraum und sein Zimmer – kein Wunder, das geräumige Eckzimmer hat mit seinen vielen Fenstern zwei Seiten einen tollen Blick auf den Kirchensaal.



Auch das Leben im Internat ist für ihn eine gute Erfahrung. „Man lernt viel und wird selbstständiger.“ Sicher ein guter Start für den Schüler, der sich nach seinem Abitur eine Karriere als Anwalt oder im Finanzbereich vorstellt.



Nur auf vier Wochen angelegt war der Besuch von Maria Pazos Lazo und Cristina Cifuentes Bauer. Die beiden 14jährigen Mädchen besuchen die Deutsche Schule in Guatemala City, weil schon ihre Eltern dort waren und gute Erfahrungen gesammelt haben. Für beide war es nicht der erste Besuch in Deutschland. Mehrmals waren sie schon hier und kennen inzwischen viele Regionen und Städte. Heidelberg und Königsfeld gefallen ihnen besonders gut. „Ich genieße die Freiheit hier“, sagt Maria. Sie könne allein mit dem Bus fahren oder durch den Park laufen – dieses sei in Guatemala aufgrund der hohen Kriminalitätsrate nicht möglich. Der Doniswald und der Zinzendorfplatz sind ihre Lieblingsorte in der beschaulichen Schwarzwaldgemeinde. Im Unterricht wurden die Mädchen, die auf B2-Niveau Deutsch sprechen, in der achten Klasse sehr gut aufgenommen. „Wir haben in Mathematik und Englisch in Guatemala die gleichen Schulbücher“, staunten sie, in anderen Fächern seien die Bücher ähnlich. Maria plant sogar, ihr Abitur an den Zinzendorfschulen zu machen. „Ich würde gerne meine letzten beiden Schuljahre hier verbringen und anschließend in Konstanz oder Heidelberg studieren.“



Auch aus China sind seit Jahren Jungen und Mädchen am Zinzendorfinternat. „Das Bildungssystem ist hier besser“, findet Liu. Er hat sich bewusst für den Schwarzwald entschieden, denn „den kennt jeder Chinese.“ Königsfeld, so Jiawei Liu, sei ein „ruhiges, schönes Dorf“. Er geht gerne hier spazieren und mag die vielen AGs, die das Internat zu bieten hat.



Auch für Auszubildende aus aller Welt sind die Zinzendorfschulen ein begehrtes Ziel. Ekaterina Zhivaikina und Evgenia Chevordaeva kommen aus Russland. Sie kennen sich vom Studium in Saratow, wo sich beide zu Deutschlehrerinnen für die Grundschule und Mittelstufe haben ausbilden lassen. „Wir wollten uns weiterbilden und waren neugierig auf andere pädagogische Methoden“, sagen sie, weshalb sie nach der Möglichkeit suchten, in Deutschland eine Erzieherausbildung zu machen. „Die Erziehung ist hier demokratischer und die Kinder werden besser in ihrer Entwicklung und Kreativität unterstützt.“



Sie haben viele Bewerbungen losgeschickt und hatten schließlich an zwei Fachschulen Bewerbungsgespräche. „An den Zinzendorfschulen wurde uns sehr gut erklärt, wie die Ausbildung abläuft.“ Beide sind froh, dass sie an den Fachschulen in Königsfeld gelandet sind: „Hier sind alle sehr nett, tolerant und hilfsbereit“, sagt Evgenia.


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