Alltag mit Alzheimer: Was Schüler wissen sollten

26.06.2014

Alltag mit Alzheimer: Was Schüler wissen sollten

Alltag mit Alzheimer: Eine Zeitung liegt im Kühlschrank, die Orangen zwischen den Pullovern im Schrank. Die Frau, noch keine 70 Jahre alt, erkennt ihr eigenes Spiegelbild nicht. Unter anderem mit Hilfe des eindrucksvollen Dokumentarfilms „Apfelsinen in Omas Kleiderschrank“, in dem ein 16-jähriger über das Zusammenleben mit seiner an Alzheimer-Demenz erkrankten Großmutter spricht, haben Claudia Gelbke und Charlotte Distler eine Doppelstunde zum Thema Demenz im Religionsunterricht der Klasse 10a des Zinzendorfgymnasiums gestaltet.
Die beiden Studentinnen der Hochschule Furtwangen gehören einem sechsköpfigen Projektteam „Demenz und Schule“ des Studiengangs Angewandte Gesundheitswissenschaften an. Ziel des Projektes in Kooperation mit dem Arbeitskreis Demenz, dem Gesundheitsnetzwerk und dem Landratsamt des Schwarzwald-Baar-Kreises ist, das Thema Demenz ins Bewusstsein der Schüler zu rücken. „In Deutschland leben derzeit bei 1,2 Millionen Demenzkranke“, sagt Claudia Gelbke, „schätzungsweise wird sich diese Zahl bis zum Jahr 2050 verdoppeln.“
Die beiden Studentinnen erklärten den Zehntklässlern, was eine Demenzerkrankung von normaler Vergesslichkeit unterscheidet, wie man sie diagnostiziert und vor allem, wie man auf die betroffenen Menschen zugehen sollte.
„Demenzkranke stellen ja oft immer wieder dieselben Fragen, dabei muss man geduldig bleiben“, erklären sie. Auch wenn eine Frage schon zehn Mal gestellt wurde, sei es wichtig, eine Antwort zu geben, da dies dem Kranken Sicherheit vermittelt. „Wenn man dem Menschen sagt dass er diese Frage schon zehn Mal gestellt hat, dann bringt ihm das nichts, weil er es nicht weiß. Im Gegenteil, es frustriert ihn eventuell zieht er sich deshalb dann zurück.“
Für die Kommunikation mit Demenzkranken gibt es feste Regeln, die erste davon lautet, die Menschen direkt anzusprechen und Blickkontakt herzustellen, „auch, wenn es bis zu zwei Minuten dauert.“ Man muss in einfachen Sätzen sprechen und seine Worte mit Gesten unterstreichen. Ebenfalls wichtig sei es, in die Lebenswelt der Erkrankten einzutauchen. „Wir sind in einem Altersheim einer Frau begegnet, die dachte, sie sei noch immer auf ihrem Bauernhof“, berichtete Charlotte Distler. „Man muss dann auf sie eingehen und sie etwa fragen, wie viele und welche Kühe sie hat, anstatt ihr zu erklären, dass sie nun dort nicht mehr wohnt.“
Praktische Erfahrungen in der Begegnung mit Demenzkranken konnten die Schülerinnen und Schüler einer neunten Klasse der Zinzendorf-Realschule machen. Mit ihnen hatten die beiden Studentinnen vor einigen Wochen das Königsfelder Alten- und Pflegeheim Christoph-Blumhardt-Haus besucht und mit den Bewohnern Motorik und Erinnerungsvermögen trainiert. „Die Schüler waren sehr engagiert“, freute sich Claudia Gelbke. Der Schulpfarrer Br. Fischer prüft derzeit, wie das von den Studenten im Projekt „Demenz und Schule“  erarbeitete Material in den Unterricht eingebunden werden kann.
Auch die Zehntklässler hatten bereits das Christoph-Blumhardt-Haus besucht. Ihnen war sehr  bewusst, dass das Thema Demenz sie alle angeht. Einige berichten aus den Erfahrungen, die sie in ihrem Familienkreis gemacht haben, ein anderer bringt es auf den Punkt: „Das Thema ist nicht totzuschweigen.“

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