Faustinside - ganz großes Theater

03.08.2015

Faustinside - ganz großes Theater

Ganz großes Theater haben vier Schüler der Zinzendorfschulen bei ihrem Gastspiel im Rahmen des Burgspektakels gezeigt. Mit ihrer frischen Inszenierung von Goethes „Faust“ hat die Oberstufen-Theater-AG ihr Publikum mitgenommen auf eine Reise ins Innerste des vom Leben und Lernen müden Gelehrten, der einen Pakt mit dem Teufel eingeht.


Zwei Seelen wohnen, ach? Bei „Faustsinside“ des Ensembles um den Elftklässler Maximilian Holm sind es derer gleich vier. Zusammen mit Maximilian Schaible, Lukas Ebner und Tizian Hofmann gelingt es Holm, der neben seiner Rolle auch Regie, Bühnenbild, das Programmheft (zusammen mit Stefan Kalt) und die Dramaturgie übernommen hat, die zerrissene Persönlichkeit des Doktor Faust in all ihren Facetten detailliert zu zeichnen und in die Gegenwart zu transponieren. Da wird die Vergnügungssucht der Menschheit gezeigt, ihr Streben nach oberflächlichem Glanz, Auerbachs Keller wird zum Oktoberfest, „zu dem die Menschen aus allen Ecken der Welt und sogar aus sich selbst kommen“. Sextourismus, Jugendwahn, Konsumterror: Der ganze Rausch, der große Jahrmarkt der Eitelkeiten, gipfelt in der Verführung des minderjährigen Gretchens, bei der nicht der Charme des Helden sondern die Verlockung seines Geldes sie gefügig macht – mit bekanntem Ausgang.


Gretchen, symbolisiert durch eine kopf- und wehrlose Schaufensterpuppe, steht im Hintergrund der Bühne und wird erbarmungslos von einem der Faust-Darsteller begrapscht, ein anderer tut es ihm am vorderen Bühnenrand gleich, wobei  Faust Nummer drei gewissermaßen als Double der Gretchen-Puppe stillhält, während der vierte das Ganze von außen betrachtet. 


Das war nicht der einzige überraschende Regieeinfall. Die jungen Akteure filmen sich gegenseitig, etwa bei der Verjüngungsszene, die durch groteske Schminke dargestellt wird, und zeigen das Video live auf der Bühnenrückwand. Beim Oktoberfest kommen die beiden Schülersprechinnen im Dirndl hereingerauscht und verteilen Freibier ans Publikum und bei der Sollbruchstelle zwischen goetheschen Original und holmscher Bearbeitung setzt sich der vierfache Faust blinkende Teufelshörnchen auf, grinst diabolisch und tanzt ausgelassen zu Elvis‘ „Devil in Disguise“. Dies ist die erste Verschmelzung von Faust und Mephistopheles, der hier nicht als außenstehende Macht, sondern als Charakterzug von Faust gezeigt wird und– genau wie seine göttliche Seite – in ihm selbst verankert ist.  „Es ist der Wettstreit zweier Seelen, der Dualismus zwischen dem triebhaft materiellen und dem geistig-transzendenten Wesen, der Faust innewohnt und ihn umtreibt und der ihn zu einem Repräsentanten des Menschen an sich macht“, erläutert das Programmheft.  Diesen Wettstreit haben die vier Zinzendorfschüler mit atemberaubender Intensität gezeigt. Sicher, die Sprache war stellenweise sehr drastisch, jedoch nie zum Selbstzweck, sondern immer, um die Geschichte zu erzählen.


Die Darsteller zeigten allesamt eine beeindruckende Leistung. Teils schrien sie ihre Befindlichkeiten heraus, oft sprachen sie synchron wie der Chor einer antiken Tragödie, dann wiederum ergänzten sie die angefangenen Sätze des jeweils anderen mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks. Trotz der beachtlichen Textmenge kam die Souffleuse Annika Witt praktisch nicht zum Einsatz.


Was da gezeigt wurde ging – ohne selbiges schmälern zu wollen - über Schülertheater weit hinaus. Das Publikum durfte junges Theater im besten Sinne erleben und dankte es mit stehendem Applaus. Sehr gewagt, aber ebenso sehr gelungen!

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