"Literatur und Theater"-Kurs zeigt beeindruckende Eigenproduktion

30.04.2013

Sie ist ein Loser, wie er im Buche steht: Schon als Kind wird sie von anderen gehänselt, die Eltern haben keine Zeit für sie, in der Schule ist sie bei Blödeleien stets die Dumme, als Teenager wird sie dank eines fingierten Rendez-Vouz zur Zielscheibe des Spotts. Und dann singt sie auch noch falsch!
Aufgrund ihrer eigenen Mangelhaftigkeit kann sich Astrid (Sarah van Ruiswijk) selbst nicht mehr leiden und erfindet sich als Alice einfach neu. Kein Problem in Zeiten der Sozialen Netzwerke. Das Foto einer makellosen Schönheit reinkopiert, allerlei positive Eigenschaften aufgezählt und schon stehen die Fans bei Facebook Schlange. Selbstredend, dass diese selbst so schillernd sind wie Brangelina. Sie verehren sie, haben jede Menge Spaß, feiern Partys und stehen wie festgetackert auf der Sonnenseite des Lebens.
Als alles blendend läuft für Alice, versucht Astrid, die so genannten Freunde auf ihre reale Persönlichkeit aufmerksam zu machen. Natürlich fliegt der Schwindel auf und ein mächtiger Shitstorm bricht über sie ein, während sie ihrer erfundenen Persönlichkeit gegenübersteht. Zermürbend und ähnlich wie Goethes Zauberlehrling wird die Hilflosigkeit, die gerufenen „Geister“ zu bannen bei der dieser Konfrontation deutlich, Astrid verliert die Auseinandersetzung, liegt am Schluss zerstört am Boden. Doch wider Erwarten wenden sich nicht alle von ihr ab; die Andeutung einer Chance, auch als „Loser“ akzeptabel sein zu können, beschließt das Stück.
Nach seiner Premiere und einer weiteren Aufführung beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Hamburg zeigten die Schülerinnen und Schüler des "Literatur- und Theater"-Kurses des Zinzendorfgymnasiums die beeindruckende Eigenproduktion gestern noch einmal im Haus des Gastes in Königsfeld. Auch hier waren die Zuschauer beeindruckt von der ideenreichen Inszenierung, bei der das Medium, um das es geht, gezielt eingesetzt wird. An der Wand rechts von der Bühne konnten die Zuschauer live über eine Projektion mitverfolgen, wie aus der liebenswert-tollpatischen Astrid eine makellos-glatte Alice wird. Die „Posts“ werden über die Bühne getragen und die große Party, die Alice mit ihren Freunden feiert, landet Sekunden später im „Internet“, das ebenfalls per Projektion angedeutet wird.
Den Schülerinnen und Schülern ist eine nachdenklich stimmende Umsetzung der virtuellen community auf die reale Bühne gelungen – und das mit einfachen Mitteln. Die Fans haben alle Fähnchen vor den Gesichtern, die sie alle gleich aussehen lassen: Die Frauen wie Angelina Jolie, die Männer wie Brad Pitt. Dazu passt das Lied der Wise Guys „Es ist nicht immer leicht“, das der Musiklehrer Br. Michel zwei Mal mit dem Chor einstimmt und in dem es heißt „Es ist nicht immer leicht, ich zu sein, manchmal wär ich lieber Brad Pitt…“ Auch die anderen Songs, die Chor und Jazzband mit Verve intonieren, waren sorgfältig ausgewählt und unterstützen die Handlung.

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